Esther Bejarano

Esther Bejarano, geborene Loewy, im Dezember 1924 in Saarlouis geboren, wuchs in Saarbrücken auf, wo der Vater eine Stelle als Oberkantor der jüdischen Gemeinde hatte. Das "Nesthäkchen" hatte zwei Schwestern und einen Bruder und verlebte eine glückliche Kindheit.

Mit Anschluss des Saarlandes und Inkrafttreten der "Nürnberger Gesetze" 1935 endete diese unbeschwerte Zeit. Im Jahr darauf zog die Familie nach Ulm. Esthers älteste Geschwister wanderten aus: der 21jährige Gerhard zu einer Tante in die USA und die 19jährige Tosca nach Palästina. Auch Schwester Ruth verließ bald darauf das Elternhaus, ging nach Oberschlesien in ein Vorbereitungslager zwecks Auswanderung nach Palästina.

In der Pogromnacht (November 1938) wurde Rudolf Loewy, Esthers Vater, wie viele jüdische Männer verhaftet. Nach drei Tagen im Zuchthaus entlassen, wurde dem EK I Träger des Ersten Welkrieges bewusst, dass die Familie keine Zukunft in Deutschland hatte.

Doch die angestrebte Auswanderung war zu diesem Zeitpunkt für die Familie Loewy nicht finanzierbar.

Da Margarethe Loewy, Esthers Mutter, sich Ende 1939 mehrere Monate in einer Berliner Klinik behandeln lassen musste, zog der Vater mit Esther ebenfalls nach Berlin, bevor er 1940 eine Anstellung in der Jüdischen Gemeinde in Breslau antrat. Die inzwischen 15jährige Esther war zu dieser Zeit im Palästina-Vorbereitungslager Ahrensdorf, wo sie und andere Jugendliche u.a. an landwirtschaftliche Arbeit herangeführt wurden. Im Juni 1941 wurden alle Vorbereitungslager dieser Art geschlossen und die Jugendlichen in das Zwangsarbeitslager Neuendorf, das unter SS-Bewachung stand, gebracht.

Ende November 1941 erhielt Esther die Aufforderung von der Breslauer Polizei, die Wohnung der Eltern aufzulösen, da diese kurz zuvor nach Riga deportiert worden seien. Erst vor wenigen Jahren erfuhr Esther, dass der Transport, mit dem etwa 1.000 Juden aus Breslau, darunter ihre Eltern, nicht in Riga, sondern in Kaunas ankam. Dort kamen sie wenige Tage später bei Massenerschießungen ums Leben.

Am 20. April 1943 wurde Esther nach Auschwitz deportiert, wo sie die Häftlingsnummer 41948 eintätowiert bekam. Sie wurde für das Mädchenorchester in Auschwitz ausgewählt, was ihr einerseits zu überleben half, andererseits psychisch sehr belastend war, denn sie musste auch musizieren, wenn die Transporte mit den ahnungslosen Menschen ankamen, von denen die Mehrzahl in die Gaskammern getrieben wurde.

Ein halbes Jahr später wurde Esther in das Frauenkonzentra-tionslager Ravensbrück verlegt, wo sie für Siemens Zwangsarbeit leisten musste.

Im April 1945 auf den Todesmarsch getrieben, gelang es ihr mit einigen Freundinnen nach Tagen des endlosen Marschierens zu fliehen. Kurz darauf erlebten sie die Befreiung durch amerikanische Soldaten.

Im September 1945 gelang Esther die Einreise nach Palästina, wo sie ihre Schwester Tosca wiedertraf. Sie absolvierte eine Gesangsausbildung, heiratete Nissim Bejarano und brachte ihre Tochter Edna und ihren Sohn Joram in Israel zur Welt. 1960 verließ die Familie das Land und zog nach Hamburg. Nachdem Esther 1978 beobachtete, wie Polizisten die Gegendemonstranten eines NPD-Infostandes attackierten, begann ihr politisches Engagement.

Sie trat in den VVN-BdA ein und gehörte zu den Gründern des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik, dessen Vorsitzende sie ist. Mit ihren Kindern Edna und Joram und weiteren Musikern musiziert sie in der Gruppe Coincidence. Während einer Lesung aus ihrem Buch "Wir leben trotzdem" Ende Oktober 2005 im AJZ Dessau erklärte Esther:

"Musik hat mir geholfen, einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Ich wollte, dass die Menschen wissen, was damals passiert ist. Wenn man das mit Musik macht, hat man die Chance, nicht nur Gleichgesinnte zu gewinnen, sondern auch Menschen, die nicht so genau Bescheid wissen. Und das ist uns zum großen Teil auch gelungen."

2008 wurde Esther Bejarano mit dem Bundesverdienstkreuz 1.Klasse gewürdigt.

2007 produzierte das AJZ Dessau einen Film mit dem Titel "Musik als Lebensretter", mit folgendem Inhalt:
"Sylvia und Carla Wagenberg, geboren in Dessau, wurden auf Grund ihrer jüdischen Herkunft nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie im Mädchenorchester um ihr Leben spielen mussten. Esther Bejarano, geborene Loewy, die ebenfalls dort musizieren musste, erinnert sich an die beiden Mädchen und berichtet von den grausamen Verhältnissen, unter denen das Orchester zu spielen hatte."

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