Ilse Heinrich

Foto von Ilse Heinrich
Ilse Heinrich in Berlin, 2007

Ilse Heinrich, geborene Zietz, wurde 1924 in Hornsdorf bei Wismar als drittes Kind einer Bauernfamilie geboren. Weinige Jahre später starb ihr Mutter an Tuberkulose. Die zweite Frau ihres Vaters hatte wenig Verständnis für das Mädchen, die unter dem Verlust der geliebten Mutter sehr litt. Bereits in jungen Jahren musste Ilse bei der Feldarbeit helfen und fand kaum Zeit, sich auf die Schule vorzubereiten.

Nach dem Abschluss der Schule 1939 wurde sie auf Betreiben der Stiefmutter zur Arbeit bei einem fremden Bauern gezwungen. Mehrfach lief sie weg, hielt sich ohne Erlaubnis in Wismar auf und wurde von der Polizei aufgegriffen.

Als "arbeitsscheu" klassifiziert, erfolgte 1943 zunächst die Einweisung in das Arbeitshaus Schloss Güstrow, schließlich im August 1944 die Überstellung in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Dort erhielt sie den schwarzen Winkel und gehörte damit der Häftlingskategorie "Asoziale" an.

Was die Frauen in Ravensbrück durchleiden mussten, brachte Ilse Heinrich in einem Interview, das sie dem Alternativen Jugendzentrum im November 2007 gab, folgendermaßen auf den Punkt:

"Mit Kälte, Hunger und Arbeit wollten sie uns vernichten."

Kurz vor Weihnachten 1944 dem "Strickkommando" zugeteilt, wurde Ilse Heinrich dafür bestraft, dass sie nicht stricken konnte. Von einem SS-Mann mit einem Eimer Wasser übergossen, stand sie viele Stunden im Schnee. Wenige Tage darauf erkrankte sie schwer und wurde ins Krankenrevier eingeliefert.

Nachdem die SS im Frühjahr 1945 die noch gehfähigen Häftlinge auf den Todesmarsch getrieben hatte, half eine Häftlingskranken-schwester Ilse Heinrich aus dem verdreckten Krankenrevier und brachte sie zur einer der verlassenen SS-Villen. Die ersten eintreffenden russischen Soldaten fielen über die beiden Frauen her. Erst mit dem Eintreffen von Offizieren der Roten Armee war Ilse Heinrich befreit und begann langsam physisch zu genesen.

Als sie zu Hause eintraf, lehnte die Stiefmutter ihre Aufnahme ab. Im September 1947 brachte Ilse Heinrich eine Tochter zur Welt, die ihr das Landesjugendamt Wismar wegnehmen wollte. Sie wollte für ihre Tochter sorgen, aber das Jugendamt ließ das Kind von Ilse Heinrichs Vater abholen, der es schließlich zur Adoption freigab - ein Lebenskapitel, das sie bis heute nicht zur Ruhe kommen lässt.

Anfang der 1950er-Jahre ging Ilse Heinrich mit ihrer zweiten Tochter nach Westberlin, heiratete und bekam zwei weitere Kinder. Nach dem Fall der Mauer kehrte sie erstmals nach Ravensbrück zurück. Im Frühjahr 2003 begegnete Ilse Heinrich der Ravensbrück-überlebenden Charlotte Kroll. Dies war der Grundstein für eine enge Freundschaft. Regelmäßig führen beide Zeitzeuginnen zusammen Gespräche mit Jugendgruppen in der Gedenkstätte Ravensbrück und anderen Orten.

Kontakt & Impressum