Arno Lustiger

Foto von Arno Lustiger
Arno Lustiger in Dessau, 2006

Arno Lustiger wurde 1924 im schlesischen Będzin als Sohn einer angesehenen jüdischen Familie geboren. Er wuchs mit drei Schwestern und einem Bruder auf. Als 15jähriger Gymnasiast träumte er von einer akademischen Karriere.

Dieser Traum zerplatzte mit der Besetzung der polnischen Stadt, deren Bevölkerung mehrheitlich Juden waren, durch die deutsche Wehrmacht am 4. September 1939. Das Unternehmen des Vaters wurde beschlagnahmt und zunächst konnte David Lustiger dort noch als Angestellter arbeiten. Arno Lustiger arbeitete für geringen Lohn in einer Holzwarenfabrik.

Im Sommer 1942 begannen Massendeportationen aus Będzin nach Auschwitz. Alle verbliebenen Juden mussten Anfang 1943 ins Ghetto, in dem die Familie Lustiger zwar eine Bleibe hatte, aber aus Angst vor Deportation nicht übernachtete. Als im August 1943 das Ghetto geräumt wurde, verbarg sich die ganze Familie, vierzig Personen, in ihrem als Versteck hergerichteten Bunker und entging der Deportation nach Auschwitz-Birkenau.

In dem Wissen, auf Dauer im Versteck keine Chance zum Überleben zu haben, ging die Familie in ein nahegelegenes Zwangsarbeitslager, aus dem sie nach kurzer Zeit in das Zwangsarbeiterlager Annaberg in Schlesien deportiert wurden. Als ein Mitarbeiter der Lagerverwaltung feststellte, dass hier eine ganze Familie noch zusammen war, wurden die Familienmitglieder auf verschieden Lager verteilt.

Arno Lustiger kam über das KZ Ottmuth in das KZ Blechhammer, einem Außenlager von Auschwitz, wo er die Häftlingsnummer A 5592 eintätowiert bekam. Zwei Wochen vor seiner Ankunft in Blechhammer war der geschwächte Vater von dort nach Auschwitz überstellt und ermordet worden.

Im Januar 1945 wurde Arno Lustiger bei minus zwanzig Grad und hohem Schnee mit einer Kolonne von 4.000 Häftlingen, von denen nur knapp die Hälfte überlebte, auf den Todesmarsch Richtung Konzentrationslager Groß-Rosen getrieben. Nach einigen Tagen in Groß-Rosen kam er über das Konzentrationslager Buchenwald in dessen Außenlager Langenstein-Zwieberge bei Halberstadt.

Nach fünf Wochen, Anfang April 1945, trieb die SS ihn auf den zweiten Todesmarsch. Er konnte entfliehen, fiel jedoch Angehörigen des Volkssturms in die Hände, bevor ihm erneut unter Kugelhagel die Flucht gelang.

Halbtot fand ihn eine amerikanische Panzerpatrouille und wies ihn in ein Lazarett ein, wo ein erfahrener Arzt ihn mit dem richtigen Ernährungsprogramm in relativ kurzer Zeit hochpäppelte. Arno Lustiger meldete sich mit seinen Englischkenntnissen freiwillig als Armeedolmetscher und erlebte das Kriegsende in einer amerikanischen Uniform in Hettstedt.

Arno Lustiger begab sich auf die Suche nach seiner Mutter und seinen Geschwistern, zunächst in Deutschland, dann durchquerte er die Tschechoslowakei, um nach Ludwigsdorf zu gelangen, wo er die Mutter und seine drei Schwestern in die Arme schließen konnte. Außer seinem Vater war auch der jüngere Bruder Samuel ermordet worden.

Bis 1948 lebte Arno Lustiger mit den Überlebenden seiner Familie in einem DP-Lager in Zeilsheim. Die angestrebte Auswanderung nach Amerika scheiterte an den gesundheitlichen Folgen der Zeit im Konzentrationslager, die eine Schwester und die Mutter davongetragen hatten.

Die Familie blieb in Deutschland, in Frankfurt am Main, wo Arno Lustiger bis heute lebt und wirkt. Er gründete eine Familie und baute ein Textilunternehmen auf.

Er hat sein Leben der Erforschung des jüdischen Widerstandes gewidmet, einem lange Zeit kaum beachteten Thema in der Holocaustforschung. Nach zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen erschien 2004 sein autobiografisches Werk "Sing mit Schmerz und Zorn - Ein Leben für den Widerstand".

Arno Lustiger erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen, 2003 die Ehrendoktorwürde der Universität Potsdam und 2007 den Professorentitel des Landes Hessen.

Durch die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge entstand 2005 der Kontakt des AJZ Dessau zu Arno Lustiger, der anschließend in Dessau als Zeitzeuge in der Bibliothek und Referent bei der Eröffnung der Ausstellung "'Das hat´s bei uns nicht gegeben.' - Antisemitismus in der DDR" im Rathaus der Stadt auftrat. Zudem konnte das Jugendzentrum ein lebensgeschichtliches Interview mit Arno Lustiger führen, das Eingang in das Zeitzeugenarchiv fand.

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